Petersilius
Es war einmal ein Paar, das bestand aus zwei ehrbaren Männern. Sie wohnten zusammen in einem Haus und teilten Speise, Trank, Hof und Bettstatt in steter Eintracht. Wie die Jahre vergingen, begann einer der beiden Männer, länger auszubleiben, und sein Gemahl wagte es nicht, ihn nach seinem Aufenthalt zu fragen. Indes fürchtete er, dass der Mann anderswo seinen Appetit zu stillen suchte. »Die Abendsuppe koche ich immer gleich«, gestand sich der Gemahl ein, »und mein Mann sucht die Abwechslung.
Neue Kräuter und Gewürze will ich finden, die sollen ihn an meinen Tisch binden. «Die zwei Männer hatten in ihrem Hinterhaus ein kleines Fenster. Daraus konnte man in einen prächtigen Garten sehen, der voll der schönsten Blumen und Pflanzen stand. Er war jedoch von einer hohen Mauer umgeben und niemand wagte hineinzugehen, weil er einem Hexer gehörte, der große Macht hatte und von aller Welt gefürchtet ward. Nun stand der Gemahl auf der Suche nach köstlichen Küchenkräutern an diesem Fenster und sah in den Garten hinab.
Da erblickte er ein Beet voll der schönsten Petersilie und sie sah so frisch und grün aus, dass er lüstern ward und das größte Verlangen danach empfand. ›Wenn mich bereits vom Anblick der Petersilie die Fresslust packt, wie sehr muss mein Mann meine Speise mögen, wenn ich sie erst dazu tue‹, dachte er, wischte die Furcht vor dem Hexer beiseite und meinte, ehe er seinen Mann an andere Tische verlöre, sei es besser, von der Petersilie zu holen – koste es, was es wolle.
In der Abenddämmerung stieg er also über die Mauer in den Garten des Hexers, stach in aller Eile eine Hand voll Petersilie und brachte sie in seine Küche, wo er damit seine Suppe verfeinerte. Als sein Mann nach Hause kam und davon kostete, lobte er den Gemahl aufs Allerbeste und aß begierig den Teller kahl. In der Nacht aber merkten beide, dass die Petersilie ihnen nicht nur gut gemundet hatte, sondern auch nachhaltig große Lust bereitete: Ihre Küsse schmeckten anders – fremder – und verlangten, inniger erforscht zu werden.
Die Suppe schien in ihren Adern ein zweites Mal zu kochen, brachte sie in Wallung und ließ sie die Nachthemden fortwerfen, damit sie den köstlichen Schweiß auf der nackten Haut schmecken konnten. Neuer Appetit rauschte durch sie – es war, als hätten sie einander eben erst kennengelernt und müssten den anderen Quäntchen für Quäntchen begutachten, befühlen, studieren. Gleichzeitig tobte in ihren Lenden die Wucht der Jugend, wiewohl sie sich schon viele, viele Jahre miteinander in den Laken gewälzt hatten.
All das hatte die wundersame Petersilie bewirkt, und da sie ihnen ein wildes Glück bescherte, wollte der Gemahl am anderen Tag noch dreimal so viel pflücken. »Wollen wir weiterhin derlei anregende Speisen haben, muss ich noch einmal in den Garten steigen«, sagte er. »Ehe mein Mann wieder herumstrolcht, will ich’s wagen, denn Liebe geht bekanntlich durch den Magen. «Er machte sich also in der Abenddämmerung wieder hinab. Als er aber die Mauer herabgeklettert war, erschrak er gewaltig, denn er sah den Hexer vor sich stehen.
»Wie kannst du es wagen«, sprach der mit zornigem Blick, »in meinen Garten zu steigen und wie ein Dieb mir meine Petersilie zu stehlen? Das soll dir schlecht bekommen!«»Ach«, antwortete der Gemahl, »lasst Gnade für Recht ergehen. Ich habe mich nur aus Not dazu entschlossen. Meinem Mann schmeckt Eure Petersilie dermaßen, dass ihn nicht länger nach fremden Tischen und Küchen gelüstet. Ich würde ihn nicht an meiner Seite halten können, wenn er nicht davon zu essen bekäme.
«Da ließ der Hexer in seinem Zorne nach und sprach zu ihm:»Verhält es sich so, wie du sagst, will ich dir gestatten, Petersilie mitzunehmen – so viel du willst! Allein ich mache eine Bedingung: Du musst mir das Kind geben, mit dem eure kleine Familie bald gesegnet sein wird. Es soll ihm gut gehen und ich will für es sorgen wie ein Vater. «Der Gemahl sagte in seiner Angst alles zu, und als er nach Hause kam, wunderte ihn die Bedingung, denn woher sollten zwei Männer wohl ein Kind bekommen? Noch nie hatte man davon gehört, dass die Natur derlei zuließe, nicht einmal im Land der lila Liebeslust, und am Ende lachte der Gemahl über die vermeintliche Einfalt des Hexers.
Wenige Wochen später aber erreichte ihn die traurige Nachricht, dass seine Schwester verblichen sei und deren Sohn, ein aufknospender Knabe von schlanker Statur, nun eltern- und heimatlos geworden war. Das Paar einigte sich darauf, den Neffen bei sich aufzunehmen, ohne dass sie dabei große Bedenken hatten. »Er ist im rechten Alter, ein Handwerk zu erlernen«, meinte der Gemahl, »und ich kann ihn drunten bei der Sägemühle unterbringen. Der Meister dort kann ein zusätzliches Paar junger Hände gut gebrauchen.
«Als der Knabe nun des Weges kam und an ihre Türe klopfte, sprang wie aus dem Nichts der Hexer herbei, packte ihn an seinem zierlichen Arm und nahm ihn mit sich. »Vergiss deinen Onkel«, höhnte er und scherte sich nicht um das angsterfüllte Antlitz des Knaben, »denn er hat dich mir für eine Handvoll Petersilie verkauft, was mir ein billiger Preis war! Vergiss deine Vergangenheit und deinen Namen, denn fortan gehörst du mir. Dein Haupthaar gleicht einem Kräuterbüschel, also will ich dich ab jetzt Petersilius nennen.
«Der Hexer sperrte Petersilius in einen runden Turm, der tief in einem Walde lag. Dünne, grüne Ranken umschlangen sein ebenmäßiges Gemäuer und das Dach glich der Frucht des Eichenbaums. Der Turm hatte weder Tür noch Treppe, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen, das in die enge, dunkle Kammer des Knaben führte. Von dort konnte er nicht flüchten, also fügte er sich in sein neues Leben. Wenn nun der Hexer in den Turm wollte, stellte er sich unten hin und rief:»Peter, mein Peterle, mein Petersilius, lass den Faden hängen!«Dann trat Petersilius ans Fenster, hob seinen Rock und zeigte seinen Sprössel, aus dem ein feiner Faden quoll.
Dies war des Knaben erster Sehnsuchtstropfen, der ihm nachts aus den Lenden geflossen war, denn er war in das Alter gekommen, in welchem feuchte Träume die Nacht versüßen. Der Hexer aber hatte ihm verboten, diesen Sehnsuchtstropfen wegzuwischen oder abzuwaschen, und darum hatte er ihm die Hände auf dem Rücken verbunden. Der Faden aber wurde länger und länger, je mehr Nächte vergingen. Von der Sprösselspitze am Fenster bis hinunter zum Boden reichte er bald und der Hexer konnte daran hinaufsteigen.
Oben angekommen, speisten und tranken sie zusammen, und weil der Hexer wundersame Kräuter ins Essen tat, fühlte Petersilius jedes Mal ein Wachsen und Sprießen an sich. »Ei, Herr Gothel«, sprach er dann, »wie kommt’s, meine Kleider werden so eng?«Das war es wohl, was der Hexer wollte, er tat aber so, als würde er sich sorgen und sprach:»Peter, mein Peterle, mein Petersilius, lass dein Hemd herunter!«Und Petersilius entkleidete sich gehorsam, damit der Hexer ihn am ganzen Leibe befühlen konnte, ob etwas nicht in Ordnung wäre.
In Wahrheit tastete er ihn ab, wie reif er sei und wofür er den Knaben bereits verwenden könne. Und immer fand der Hexer dabei eine Kleinigkeit, die ihn erzürnte. »Petersilius, du hast an deinen Handfesseln geschubbert! Petersilius, du hast deinen Rock verschmutzt! Petersilius, du hast dein Haar zu sehr vom Winde zerzausen lassen!«Daraufhin gab er Peter strafende Klapse auf die Kehrseite, und dabei fing er stets recht sanft an, fast nur mit leichten Berührungen, dann folgten aber festere Schläge.
Das erste Mal war Petersilius erschrocken gewesen und das beißende Ziehen in seinem Sitzfleisch, das jedem Schlag folgte, schmerzte ihn sehr. Aber so schnell, wie es dem Hieb folgte, verging es auch wieder und hinterließ eine leichte Taubheit, die Petersilius auf seltsame Weise kitzelte und gefiel. Fortan begann Petersilius, absichtlich die eine oder andere Unartigkeit zu begehen, denn die strenge Zuwendung des Hexers bereitete ihm eine geheime Freude. Das merkte auch der Hexer selbst und brachte bald einen Rohrstock, bald eine Weidenrute, bald einen ledernen Gürtel mit, um den Knaben zu züchtigen.
Am liebsten war Petersilius der Schauer von Gänsehaut, wenn der dünne Rohrstock über seine Kehrseite strich. Er wusste dann bereits, was folgen würde, und offenbar gefiel dies auch seinem Sprössel, der in seinem ausgewachsenen Zustand verblieb. Der Schmerz am Sitzfleisch nahm nun zu, denn der Hexer schlug bei jedem Besuch fester und jeder Hieb brannte ein wenig mehr als der Vorhergehende. Petersilius war sich nicht sicher, warum er dabei Freude empfand, aber er genoss die Schläge, bis seine Kehrseite feuerrot glühte.
»Guter Knabe, braver Knabe«, lobte der Hexer ihn beim letzten Schlag mit Rohrstock, Gürtel oder Rute, und diese Worte schmeichelten Petersilius. Er gewöhnte sich an die Besuche des Hexers und das Leben im Turm, das so eng und dunkel war, dass ihm die Sinne verblendet waren. Nach ein paar Monden trug es sich zu, dass der Sohn des Königs durch den Wald ritt und an dem runden Turm vorüberkam. Da hörte er einen Gesang, der war so lieblich, dass er stillhielt und horchte.
Das war Petersilius, der sich in seiner Einsamkeit die Zeit damit vertrieb, seine helle Stimme erschallen zu lassen. Der Königssohn wollte zu ihm hinaufsteigen und suchte nach der Tür des Turms, aber es war keine zu finden. Er ritt heim, doch der Gesang hatte ihm so sehr das Herz gerührt, dass er jeden Tag hinaus in den Wald ging und zuhörte. Als er einmal so hinter einem Baum stand, sah er, dass der Hexer herankam, und hörte dessen Ruf:»Peter, mein Peterle, mein Petersilius, lass den Faden hängen!«Da ließ Petersilius seinen Sehnsuchtstropfen herab, dessen langer Faden im Sonnenlicht funkelte, und der Hexer stieg zu ihm hinauf.
›Ist das die Leiter, auf welcher man hinaufkommt, so will ich auch einmal mein Glück versuchen‹, dachte sich der Königssohn und verharrte abwartend hinter dem Baum, bis der Hexer wieder hinabstieg. Und als es anfing dunkel zu werden, ging er zum Turme und rief:»Peter, mein Peterle, mein Petersilius, lass den Faden hängen!«Der Gerufene wunderte sich zwar, was der Herr Gothel wohl vergessen haben mochte, dass er ein zweites Mal hinauf wollte. Doch gehorsam, wie er war, ließ er alsbald den langen Sehnsuchtsfaden herab und der Königssohn stieg hinauf.
Anfangs erschrak Petersilius gewaltig, als zu ihm ein fremder Mann kam, wie seine Augen schon lang keinen mehr erblickt hatten. Doch der Königssohn fing an, ganz freundlich mit ihm zu reden und erzählte ihm, dass von seinem Gesang das Herz so sehr sei bewegt worden, dass es ihm keine Ruhe gelassen und er ihn zu sehen begehrt habe. »Und nun schaue ich in das Antlitz des wohl schönsten Knaben unter der Sonne«, lächelte er und Petersilius verlor seine Angst und lächelte zurück.
Der Königssohn stellte viele Fragen: »Wie lebst du in diesem engen, dunklen Gemach? Warum hat der Turm keinen Eingang? Wer ist der Alte, der dich besucht? Von welchem Zauber ist dein funkelnder, langer Sehnsuchtstropfen?«Da erzählte ihm Petersilius alles, was es über den Hexer wusste; welche Macht er über ihn hatte, dass er den Faden niemals abschütteln dürfe und wie er ihn für jede Unartigkeit zu züchtigen pflegte. Der Königssohn hörte sich alles aufmerksam an und sprach schließlich:»Dein Herr Gothel scheint mir ein böser Hexer zu sein, der dich hier einsperrt und dich zu seinem Lustdiener heranziehen will.
Ein Mann kann sich aber auch völlig anders seinem Auserwählten zuwenden. Lass mich deine Handfesseln lösen und dir zeigen, was ich meine. «Er riss den festen Strick um Petersilius’ Gelenke auseinander, legte seine sanften Hände auf Schulter und Nacken des Knaben und beugte sich zu ihm. Da die Sonne mittlerweile unterging, konnte Petersilius im Halbdunkel des Turmes zwar kaum etwas sehen, aber er fühlte die Finger des Königssohns in seinem Haar spielen. Ihre Wangen trafen sich, ihre Stirnen, ihre Lippen.
Derartige Liebkosungen nicht gewohnt, ließ Petersilius in einer Mischung aus Neugier und Verzauberung alles mit sich geschehen. Da der Knabe ohnehin schon nackt war, denn so hatte ihn der Hexer zurückgelassen, brauchte der Königssohn ihn nicht erst zu entkleiden. Zügig wanderte er mit seinen Lippen von Petersilius’ Antlitz über seinen Kehlkopf, die Brust und den Nabel, bis er an dem ausgewachsenen Knabensprössel angelangt war. Wie er jenen mit dem Mund verwöhnte und auch den kostbaren Samenbeutel nicht vergaß, gruben sich Petersilius’ zarte Finger in den dichten Haarschopf des Königssohns.
»Wie gefällt dir diese Art der Zuwendung?«, fragte der. »Sie ist schön und so anders als die des Herrn Gothel«, gab Petersilius zu. »Doch wir müssen hier einhalten, denn es darf der Faden nicht verloren gehen, der aus meinem Sprössel hängt. Lass also ab von ihm und ich will dir zeigen, was ich bisher gelernt habe. «Nun war es an dem Königssohn, sich Neues zeigen zu lassen. Petersilius streichelte über seine runden Gesäßbacken, und er tat es überaus sanft, was den Sohn des Königs wohlig erschauern ließ.
Doch kurz danach bekam er die ersten Hiebe auf sein Sitzfleisch. Der Königssohn wand sich und seine kleinen Backen zogen sich zusammen. Der aufgehende Mond schien durchs Fenster und Petersilius gefiel der Anblick, wie sein unerwarteter Besuch sich unter seinen Händen hin- und herschob. Da seine Schläge indes wohl etwas zu sanft waren, drehte sich der Königssohn zu ihm um und sagte: »Ist dein Herr Gothel ebenso zärtlich, sollte ich wohl hier bei dir bleiben und mir seinen Rohrstock gefallen lassen.
«Petersilius errötete und dachte, dass er nicht fest genug geschlagen habe, denn er selbst hätte sich nie unartig umgewandt und die Züchtigung mit solcherlei Sprüchen unterbrochen. Schnell fing er sich und gab der königlichen Kehrseite deftige Hiebe. Schlag um Schlag trafen zielsicher das Fleisch und der Königssohn biss immer fester die Zähne aufeinander. Trotzdem konnte er ein lautes Aufheulen nicht unterdrücken. Nachdem Petersilius ihm weitere harte Schläge verpasst hatte, bäumte er sich schwer atmend auf.
Nach weiteren fünf Hieben schrie er seine angestaute Lust heraus. Solches hatte Petersilius noch nicht erlebt: Sein junger Besucher ließ seinen Sprössel spucken, während ihm das Gesäß gezüchtigt wurde, und jammerte und stöhnte derart laut, als würde seine Freude, die er dabei empfand, nimmer enden. »Mein Sprössel kam nie so weit wie deiner, wenn Herr Gothel sich mir zuwandte«, sagte Petersilius mit einer Spur von Traurigkeit in der Stimme. Der Königssohn erwiderte:»Das liegt an seiner Gier nach Macht und Herrschaft.
Du bist sein Diener und deine Freude ist nicht sein Ziel, sondern nur deine Untergebung. Flieh mit mir aus diesem Turm und ich will dich zum Manne nehmen. Sodann können wir einander neue Formen der Liebe lehren und uns beidseitig erfreuen. «Petersilius sah, dass der Königssohn jung und schön war und es ehrlich mit ihm meinte. ›Der wird mich lieber haben als der alte Gothel‹, dachte er und legte seine Hand in die des Königssohns.
»Ich will gerne mit dir gehen, aber ich weiß nicht, wie ich herabkommen kann – an meinem Faden kann ich schlecht selbst herabsteigen. Wenn du mich aber allentags besuchen kommen willst, so bring jedes Mal ein Stück Seide mit, daraus will ich eine Leiter flechten. Wenn die fertig ist, steige ich herunter und du nimmst mich auf dein Pferd. «Also verabredeten sie, dass er bis dahin alle Abende zu ihm kommen sollte, denn bei Tag kam der Hexer.
Jener merkte auch zunächst nichts davon, bis einmal Petersilius bei einer Bestrafung unbedacht anfing und zu ihm sagte:»Sag mir doch, Herr Gothel, wie kommt es nur? Deine Hände sind viel rauer auf meiner Haut als die des jungen Königssohns!«»Ach, du treuloser Knabe«, rief der Hexer, »was muss ich von dir hören? Ich dachte, ich hätte dich von aller Welt geschieden, dass du nur mir dientest, aber du hast mich doch betrogen. «In seinem Zorne packte er den schönen Sehnsuchtsfaden des Petersilius, wickelte ihn ein paar Mal um seine linke Hand, griff ein Messer mit der rechten und – ritsch, ratsch – war er vom Sprössel abgeschnitten.
Und er war so unbarmherzig, dass er den armen Petersilius in eine Wüstenei brachte, wo der Knabe in großem Jammer und Elend leben musste und keiner Menschenseele mehr begegnen konnte. Denselben Tag aber, wo er Petersilius verstoßen hatte, machte abends der Hexer den abgeschnittenen Faden oben am Fensterhaken fest, und als der Königssohn kam und rief: »Peter, mein Peterle, mein Petersilius, lass den Faden hängen!«, so ließ er den Sehnsuchtstropfen hinab. Der Königssohn stieg hinauf, konnte aber im Halbdunkel des engen Gemachs nicht erkennen, dass ihn hier oben der Hexer empfing und nicht sein liebster Petersilius.
Der sprach mit verstellter Stimme:»Lass mich dich heut züchtigen, denn du kommst spät und mich gelüstet nach deinem Jammern!«Das Herz des Königssohns schien einen Schlag auszulassen. Derweil ließ der Hexer den Rohrstock durch die Luft sausen und ein zischendes Geräusch war zu hören. »Bist du bereit?«Der Königssohn nickte, schloss fest die Augen und seine Finger griffen, Halt suchend, nach seinen Fußgelenken. Der Hexer kam näher und legte den Stock kurz auf die rechte Kehrseite.
Er sah, wie der Königssohn sein Gesäß erwartungsvoll anspannte. Das Zischen in der Luft war seine einzige Warnung, dann hörte er das Geräusch von Holz auf nackter Haut; einen Augenblick später fühlte er den brennenden Schmerz, aber es gelang ihm, den Schlag schweigend zu ertragen. Der Hexer zielte nunmehr auf seine linke Kehrseite, schlug ein zweites Mal zu und hinterließ eine deutlich sichtbare rote Spur. Bevor der Königssohn den Schmerz richtig spürte, traf ihn der dritte Hieb mitten zwischen die zwei ersten Striemen.
Doch damit war nicht genug. Der Hexer rief:»Dem Knaben ließ ich noch Zeit, vollends aufzuknospen, du aber bist schon zum Pflücken reif!«Da erkannte der Königssohn, dass es nicht Petersilius war, der sich mit ihm die Zeit vertreiben wollte. Er wandte sich um und sah in die bösen und giftigen Augen des Hexers. »Du willst den Liebsten holen, aber der schöne Vogel sitzt nicht mehr im Nest und singt nicht mehr«, rief er höhnisch. »Der Kater hat ihn geholt und wird auch dir die Augen auskratzen!«Und er fuhr wahrhaftig mit seinen langen Nägeln über das königliche Sitzfleisch, dass der Königssohn erschrecken und laut aufschreien musste.
Der Daumen des Hexers verfing sich in der Furche und fand das Grubenloch, in das noch kein Same gelegt worden war. Rücksichtslos begann er, dort zu buddeln, erst mit dem Daumen, dann mit mehreren Fingern. Der Königssohn fürchtete schon, die ganze Hand des Hexers würde folgen. Der hatte jedoch anderes vor: Er knöpfte seinen Rock auf, nahm seinen dicken Spross in beide Hände und stocherte und hackte damit in der schmalen Grube herum, dass es dem Hexer eine große Freude, dem Königssohn aber ein schlimmes Leid war.
»Petersilius ist für dich verloren«, rief er dabei böse, »du wirst ihn nie wieder erblicken. Kehre also zurück in dein Reich und berichte deinem Vater, dem König, dass ein Hexer dein Beet umgegraben hat!«Da schämte sich der Königssohn, denn er wusste, dass es für einen Mann seiner Stellung unwürdig, ja gar eine Schande war, sich auf einen Hexer einzulassen. Er wollte den Alten von sich stoßen, indem schleuderte jener seinen Samen in die Augen des Königssohns; und weil es Hexensamen war, zerstach er ihm die Pupillen.
Wie von Sinnen wankte er durch das Gemach, fand das Fenster und sprang in großer Verzweiflung den Turm hinab. Das Leben brachte er davon, aber fortan irrte er blind im Walde umher. Der Hexer sah ihm noch hinterdrein und freute sich, die zwei Liebenden voneinander getrennt zu haben. Dann zog er sich in seinen Garten zurück und der Turm verfiel mit den Jahren, bis er eines Tages ganz verschwunden war. Der Königssohn kehrte nicht nach Haus zurück, denn zu groß war die Furcht vor der Schmach über den bösen Raub seiner Unschuld.
Er blieb im Wald, aß nichts als Wurzeln und Beeren und tat nichts als fluchen und schimpfen über sich und seine Schande. Die Kleider riss er sich vom Leib, und wie er mit den Händen Dornen fand, so rupfte er sie aus dem Boden und schlug sie sich eins ums andere Mal über die Schultern, dass sie seinen Rücken trafen und ihre Spitzen tief ins Fleisch bohrten. Sich selbst auf diese Weise geißelnd, wollte er sühnen für seinen Betrug an Petersilius, den er nicht ausreichend beschützt und mit einem anderen verwechselt hatte.
So wanderte er einige Jahre im Elend umher und geriet endlich, völlig zerschunden, in jene Wüstenei, wo Petersilius kümmerlich lebte. Der Knabe sang traurig das einzige Lied, das er kannte. Als die Weise ans Ohr des Königssohns drang, dachte jener laut:»Ich vernehme eine Stimme, die deucht mir so bekannt. Ich will darauf zu gehen. «Wie er herankam, erkannte ihn Petersilius und fiel ihm um den Hals und weinte vor Glück. Seine Tränen benetzten den blutigen Rücken und heilten die Wunden, sodass seine Kräfte zurückkehrten.
Da musste auch der Königssohn aus seinen blinden Augen weinen und er sprach:»Nun haben wir uns wieder und des Leides und der Schläge sind genug. Lass uns auf zarte Weise beieinander liegen. «Also legten sie sich zueinander und die Hände des Königssohns ersetzten seine Augen, strichen über jedes Quäntchen an Petersilius’ Körper und sahen, dass es ihm trotz des Elends gut ging und alles gesund war. Das freute sein Herz, dass es hüpfte, und Brust an Brust fanden beide Herzen einen gemeinsamen Takt, der immer schneller wurde, je länger und je enger sie einander fassten, schmeckten und rochen.
Die Sprössel trafen, ausgewachsen und sehnsüchtig feucht, immer wieder aufeinander, fochten einen lieblichen Kampf und spuckten und schleuderten ihren Samen schließlich von sich. Da geriet in dem Taumel der Lust etwas von Petersilius’ Sprössel zwischen die Wimpern des Königssohns, doch anstatt Schmerz und Feuer hervorzurufen, war es mild und lind und wusch den bösen Hexensamen aus, bis die Augen wieder klar wurden und er damit sehen konnte wie früher. Wie war ihre Freude groß, als dieses Wunder geschah, und sie küssten einander und schworen, nimmer voneinander zu weichen.
Weil sie nun zu zweit waren und von ihrer Liebe gekräftigt, fanden sie den Weg aus der Wüstenei, zogen in das Reich des Königssohns und wurden dort mit Jubel und Begeisterung empfangen. Vergessen war das Elend und die Schande und sie lebten noch lange glücklich und vergnügt. Vielleicht hast du sie ja mal gemeinsam singen gehört?(gekürzt entnommen aus „Vierzig schwüle Nächte“ Band 1 von Xaver Ludwig Cocker).
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